PROJEKTREPORTAGE

Baugruppe Dennewitz Eins, Berlin

ARGE:
DMSW Architekten, Berlin
roedig.schop architekten, Berlin
sieglundalbert architekten, Berlin

Drei in einem Kleid

  • Autorin: Christina Gräwe
  • Fotos: Stefan Müller

2009: Am Ende der Straße der sich noch in Planung befindliche Gleisdreieckpark, eine diffuse Situation, unklar, was in der Gegend baulich geschehen würde. Durch das Nachbarhaus donnert (seit 1911) die U-Bahn-Linie 1. Dazu die Kooperation mit zwei weiteren Architekturbüros und 39 Baugruppenwillige – das war die Ausgangslage für DMSW architektur und landschaft. 2017: Die U-Bahn durchquert weiterhin mit täglich 444 Zügen das Haus, der Park ist eröffnet und außerordentlich beliebt, die lebhafte Bautätigkeit in der Nachbarschaft hat ebenso ärgerliche wie gelungene Stadtbausteine hinterlassen. Zu Letzteren gehört das Baugruppenhaus Dennewitz Eins.

Von 14 über das Netzwerk Berliner Baugruppen Architekten (NBBA) angefragten Architekturbüros trauten sich letztendlich drei: DMSW, roedig.schop und sieglundalbert sahen sowohl die Chance, die in dem „Problemgrundstück“ steckte, als auch die Risikominimierung durch die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft der drei Büros. Interessenten für eine Baugruppe kannten die Architekten noch aus früheren Vorhaben. Ein halbes Jahr nahmen sie sich, um die Möglichkeiten des Orts zu erkunden, dann die Ziele und Rahmenbedingungen des gesamten Projekts zu diskutieren und festzulegen. Gesetzt waren schließlich: 2000 Euro pro Quadratmeter, die Positionierung des Baukörpers, die Tragstruktur sowie die Lage der Schächte.

Um einen einheitlichen Stadtbaustein herzustellen, wurden die drei Teilhäuser in ein gemeinsames, metallenes Kleid gehüllt.

Individuellen Spielraum waren die Planer sich selbst und ihren Bauherren gegenüber schuldig; er fand sich in der Wohnungsgestaltung und darin wieder, dass zunächst jedes Büro ein Haus plante. Einigkeit bestand darin, den drei Häusern ein gemeinsames Kleid zu geben, was städtebaulich in dem heterogenen Umfeld eine kluge Entscheidung war. Für die Ausführungsphase wurde die Rollenverteilung geändert und gewerkeweise Aufgabenpakete für alle drei Hausabschnitte verteilt.

„Ihr baut ein Haus, keine Summe von EinzelwÜnschen.“
Julia Dahlhaus, DMSW Architekten, Berlin

Das Haus liegt zwischen Potsdamer Straße und Gleisdreieckpark, umgeben von Alt- sowie Neubauten.

Das senkte die Kosten und sorgte zudem für klare Ansprechpartner. Auch über seine Kommunikationsstrategie machte sich das Dreierteam Gedanken, trat nämlich den Bauherren gegenüber immer einstimmig auf, was diesen Sicherheit vermittelte. Julia Dahlhaus, die DMSW vertrat, empfand den büroübergreifenden Dialog eindeutig als Bereicherung. Für zusätzliche Entspannung in der Gruppendynamik sorgten eine externe Bauleitung sowie ein neutraler Projektsteuerer.

„Wir haben klare Spielregeln mit der Offenheit fÜr individuelle WÜnsche kombiniert.“
Philipp Wehage, DMSW Architekten, Berlin

Von den Loggien auf der Südseite blickt man auf das denkmalgeschützten U-Bahn-Viadukt.

Das Ergebnis ist ein langer schmaler Bau mit drei Aufgängen und einem Gartenhof zwischen dem U-Bahn-Haus und – eine beinahe heimelige Kulisse – einer Zeile flacher Backsteingebäude, in denen Handwerks- und Kulturschaffende ihrer Arbeit nachgehen. Die Gründung war wegen der U-Bahn-Erschütterungen kniffelig: Eine elastische Bodenplatte fängt die Schwingungen ab; auf Keller musste verzichtet werden. Nun ist eine kellerlose Wohnung für manchen kaum vorstellbar – daraus entstand die intelligente Lösung, Abstellräume auf dem Dach unterzubringen.

Die meisten Wohnungen sind um einen zentralen Versorgungskern herum entwickelt.

Sie erinnern dezent an mediterrane Badehäuschen und lassen genug Raum für die  gemeinschaftlich genutzte Dachterrasse inklusive des abwechslungsreichen Rundumblicks. Nach Süden orientieren sich tiefe Loggien, die übrige Fensteranordnung konnte relativ frei gewählt werden. So entstand an der langgestreckten Fassade keine Monotonie. Aber auch keine Unruhe, denn neben der städtebaulichen Überlegung, die zu der gemeinsamen Fassade geführt hatte, sorgt das zwischen Gold und Beige changierende Gitterrost, das sich umlaufend vom ersten Geschoss bis zur Attika zieht, wie nebenbei auch für einen gemäßigten Rhythmus. Die  durchscheinenden Befestigungsstangen legen die Konstruktionsweise offen und sind scheinbar lose angeordnet. Bei allen Vorzügen, die das einheitliche Kleid hat, wirkt es dadurch etwas unentschlossen.

„Nur unsere drei BÜros sahen in dem Standort Überhaupt eine Chance!“
Julia Dahlhaus, DMSW Architekten, Berlin

 

Im Inneren präsentiert sich Haus A, der von DMSW entworfene Abschnitt, mit einem selbstbewusst platzierten Treppenhaus. Zu Recht, denn die Fertigbetonteile schwingen sich elegant nach oben, das schlichte Geländer unterstreicht die Bewegung, zudem verschwinden die Stufen nicht im Dunklen, sondern laufen auf ein Oberlicht zu. Auf jeder der fünf Etagen liegen zwei Wohnungen, wobei die am Kopfende von drei Seiten belichtet werden. Mittig ist meist ein Versorgungskern angeordnet, um den herum die Bewohner mal kleinteiliger, mal offener die anderen Räume gruppiert haben. Ein „Wechselzimmer“ kann durch Verschieben der Trennwand der einen oder anderen Wohnung zugeschlagen werden. Und die U-Bahn? Ein Unikat in der Stadt! Sie stört weder die Alteingesessenen noch die Baugemeinschaft Dennewitz Eins, die 2013 Einzug gehalten hat.

Architekten

DMSW Architekten
Mariannenplatz 23
10997 Berlin
www.dmsw.de

DMSW architektur und landschaft – das sind Julia Dahlhaus, Michael Müller, Maria Simons und Philipp Wehage, die 2004 ein gemeinsames Büro mit heute zwölf Mitarbeitern gründeten. Seit 2016 firmieren Dahlhaus, Müller und Wehage zudem als DMSW Partnerschaftsgesellschaft von Architekten. Die Erfahrungen und Schwerpunkte der Partner decken und ergänzen sich. Während die Designerin und landschaftsarchitektin Maria Simons für viele private Bauherren die Außenanlagen entwirft, sind die drei Hochbauarchitekten überwiegend im Wohnungsbau tätig. DMSW sind Experten für Baugemeinschaften, planen derzeit aber verstärkt für Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften. Als  verantwortungsbewusste  Stadtakteure beteiligen sie sich in Gremien wie dem BDA und dem Rat für Stadtentwicklung an baupolitischen Debatten.

 

Projekte (Auswahl)

2017 Uferhöfe, Berlin
2016 Gottlieb-Dunkel-Straße, Berlin
2014 Brehmestraße, Berlin
2013 Max-Steinke-Straße, Berlin

Produktinformationen

Eurosmart C, Essence, Lineare, Skate Cosmo und Nova Cosmo: Die Armaturenlinien Eurosmart C, Essence und Lineare sowie die WC-Betätigungen Skate Cosmo und Nova Cosmo stehen für hohe Effizienz und langlebige Qualität.

www.grohe.de

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